WSIS+20-Prozess auf der Zielgeraden
Der WSIS+20 Prozess ist auf der Zielgeraden.[1] Am 4. November 2025 wurde der revidierte Entwurf (WSIS+20 Rev.1)[2] veröffentlicht, der in den Folgewochen Gegenstand von Stakeholder-Konsultationen und informellen Regierungsverhandlungen war. Das Kapitel zu Internet Governance enthält nach wie vor den Vorschlag, das IGF zu einem permanenten UN-Gremium zu machen. Strittig bleiben „enhanced cooperation“ und „Finanzierung“. Kritisiert wurde von der technischen Community, dass die im Zero Draft enthaltene Ablehnung von „state controlled and fragmented Internet architecture“ geschrumpft wurde zu einer allgemeinen Kritik an Internetfragmentierung. Für den 2. Dezember 2025 wird eine zweite revidierte Fassung (WSIS+20 Rev.2) erwartet. Die wird Gegenstand der finalen Verhandlungen ab dem 9. Dezember 2025 in New York sein. Das „WSIS+20 Output Document“ soll am 17. Dezember 2025 von einem „High Level Meeting“ im Rahmen der 80. UN-Vollversammlung verabschiedet werden.
UNCSTD diskutiert Zukunft von KI und Data Governance
Am 17. und 18. November 2025 tagte in Genf die UN Commission on Science and Technology (UNCSTD) und diskutierte die Zukunft von KI, Fortschritte der UNCSTD Working Group on Data Governance (WGDG) und WSIS+20.[3] Manuel Morena, stellvertretender UNCTAD Generaldirektor, forderte unter anderem, dass sich die UNCSTD mehr um die Umsetzung der vier Schlüsselprinzipien bei KI – „explainability, transparency, ethics, and accountability“- kümmern solle[4]. UNCSTD Chair Muhammadou Ka, berichtete über die WGDG, die vier Themen diskutiert: 1. Grundprinzipien für Data Governance, 2. Interoperabilität zwischen Data Governance Systemen, 3. Gerechte Verteilung von Gewinnen aus der Datenwirtschaft und 4. Förderung eines sicheren und vertrauenswürdigen grenzüberschreitenden Datenflusses.[5] Der WGDG gehören 27 Regierungen und 27 nichtstaatlichen Vertreter an. Sie muss bis zur 29. UNCSTD-Sitzung Ende April 2026 einen Abschlussbericht vorlegen.[6]
EU-Kommission präsentiert „Digital Omnibus“ zur Vereinfachung des digitalen europäischen Regelwerkes
Am 19. November 2025 verkündete die EU-Kommission ihren „Digital Omnibus“ mit dem eine Vereinfachung des digitalen europäischen Regelwerkes angestrebt wird. Vorschriften für KI werden zeitlich gestreckt, Regelungen zu Cybersicherheit und zum Datenschutz werden entschlackt. Eingeführt werden soll neben den „Personal Wallets“ ein „Business Wallet“, das Unternehmen eine einheitliche digitale Identität anbietet und bürokratischen Aufwand bei grenzüberschreitender Geschäftstätigkeit in der EU vereinfacht. Vor der „Simplification of Regulation“ erwartet sich die EU bis 2029 Einsparungen von 5 Mrd. €, von den EU Business Wallets 150 Mrd. € pro Jahr.[7] Kritiker des „digital Omnibus“ werfen der EU-Kommission ein Einknicken gegenüber den US Tech Konzernen vor.[8] US-Präsident Trump hat angedroht gegen die europäischen Digitalgesetze, die US-Unternehmen belasten, vorzugehen. Der Digital Services Act (DSA) und der Digital Markets Act (DMA), die neben der Datenschutzgrundverordnung primäre Zielscheibe der US-Kritik sind, sind jedoch vom digitalen Omnibus nicht betroffen.
Xi Jinping erneuert Vorschlag für „World Artificial Intelligence Cooperation Organisation“ (WAICO)
Am 1. November 2025 hat der chinesische Präsident Xi Jiping beim 32. APEC Meeting in Gyeongju/Korea seinen Vorschlag für die Schaffung einer „World Artificial Intelligence Cooperation Organisation“ (WAICO) wiederholt.[9] Die WAICO soll vor allem Entwicklungsländern Zugang zu KI-Entwicklungen ermöglichen und mit den neuen UN-KI-Gremien – dem International Scientific Panel on AI und dem Global Dialogue on AI Governance – kooperieren.[10] Die WAICO soll nach dem Vorbild der „World Internet Conference“ (WIC) als eine NGO mit Sitz in Shanghai etabliert werden. Die WIC wird von der „Cyberadministration of China“ (CAC), die direkt Präsident Xi Jiping unterstellt ist, geleitet. In der „2025 APEC Leaders’ Gyeongju Declaration“[11] findet sich der Vorschlag jedoch nicht. Festgestellt wird aber: „We encourage economies to explore collaborative approaches toward the benefits of AI transformation for and meaningful participation by all in the AI-driven economy. …We underscore the importance of bridging digital divides, improving digital connectivity, enhancing digital literacy and making the benefits of digital transformation accessible to all, including by prioritizing capacity building, policies that build digital skills and competencies and greater public-private collaboration. We also emphasize the importance of strengthening trust and confidence in the digital and AI ecosystem“. Der „Asia-Pacific Economic Cooperation“ (APEC) gehören 21 Staaten, darunter die USA an. 2026 übernimmt China den APEC-Vorsitz.
Lissaboner Web Summit: Treffpunkt für Innovation und Digitalpolitik
Der jährliche Lissaboner „Web Summit“ fand vom 10. bis 14 November 2025 statt.[12] Der 2009 von Paddy Cosgrave gegründete Konferenz hat sich zu einer der weltweit größten Internet-Konferenzen entwickelt, mit jetzt über 70.000 Teilnehmern. Der Web Summit ist in erster Linie eine Roadshow für Unternehmen und Start Ups. Die EU- Kommission hat sich für die Konferenz seit Jahren stark gemacht und war 2025 mit der EU-Vizepräsidentin Henna Virkkunen vertreten, die auf einem Panel den „digital Omnibus“ ankündigte.[13] Auch der deutsche Digitalminister Karsten Wildberger war in Lissabon.[14] In seiner Rede sagte er: „Innovation und Technologie sind kein ‚nice to have‘. Sie sind der Motor des Wachstums und die Basis für eine bessere Zukunft“.[15]
Europäischer Gipfel zur Digitalen Souveränität: Innovation vor Regulierung
Am 18. November 2025 fand in Berlin der Europäische Gipfel zur Digitalen Souveränität statt. Die von Frankreichs Präsidenten Macron und Bundeskanzler Merz initiierte Veranstaltung zielte darauf ab, die Selbstbestimmung Europas in der Digitalwelt zu stärken. Wenn die 450 Millionen europäischen Konsumenten und deren 27 Regierungen primär europäische digitale Dienstleistungen kaufen und anwenden würden, würden sich Möglichkeiten für die Entwicklung europäischer digitaler Champions ergeben, die sich im Wettbewerb mit amerikanischen und chinesischen Tech Konzernen behaupten könnten. Das Ziel sollte nicht durch Abschottung, sondern durch europäische Innovation erreicht werden. Dazu müsse unter anderem die digitale Gesetzgebung in Europa vereinfacht werden. „First innovate, than regulate“ forderte Bundeskanzler Merz. In der von allen EU-Staaten gezeichneten „Declaration for European Digital Sovereignty“ heisst es unter anderem: „Our priorities should focus on promoting European based solutions by creating a supportive investment climate as well as a clear, predictable and fair regulatory framework that encourages innovation and competitiveness, particularly for small and medium-sized enterprises but also with regard to the strategic role large companies can play in value chains.“[16]
UN-Ausschuss einigt sich auf permanenten Mechanismus für Cybersicherheit
Am 7. November 2025 einigte sich der 1. Ausschuss der 80. UN-Vollversammlung (UNGA) auf zahlreiche Resolutionen, darunter auch drei, die Cybersicherheit betreffen. Einstimmig wurde gebilligt, die „Open Ended Working Gorup“ (OEWG) in einen „Permanent Mechanism“ zu Cybersicherheit umzuwandeln.[17] Die Resolution zu autonomen Waffensystemen fordert die GGE LAWS auf, so bald als möglich formelle Verhandlungen für einen völkerrechtlichen Vertrag aufzunehmen.[18] In der Resolution zu KI in der militärischen Domain wurde beschlossen, im Frühjahr 2026 dreitätigen informelle Konsultationen in Genf durchzuführen.[19]
G20-Gipfel in Johannesburg: Bedeutungsverlust als Forum für die globale Digitalpolitik
Die G20, die jahrelang für globale Absprachen zur Digitalwirtschaft eine wichtige Rolle spielten – darunter die G20 KI-Prinzipien (2019) und die G20/OECD Vereinbarung für eine globale Digitalsteuer (2021) - hat 2025 drastisch an Bedeutung verloren. Beim Gipfeltreffen am 22. und 23. November in Johannesburg sagten die USA ihre Teilnahme ab. Russland und China waren nicht mit ihren Präsidenten vertreten. Die „G20 South Africa Summit: Leaders’ Declaration“[20], ist zwar umfangreich, enthält aber mehr Allgemeinplätze wie die Verpflichtung in Para.108: „We recognise the importance of building safety, resilience, security and trust and creating an enabling, open, fair, non-discriminatory and sustainable digital economy, which puts humans and their development at the centre, and which enables the protection, promotion and full enjoyment of human rights.“
WTDC-25 endet mit „Baku Declaration“ für universelle Konnektivität
Die alle vier Jahre stattfindende ITU World Development Conference (WTDC-25) endete am 28. November 2025 mit der „Baku Declaration and Action Plan“. Noch sind rund 2 Millarden Menschen offline. Die WTDC-25, sagte ITU-Generalsekretärin Doreen Bogdan-Marin „has brought us closer to our goal of making connectivity universal, meaningful and affordable for everyone, everywhere in this decade." [21]
[1] https://publicadministration.desa.un.org/wsis20
[2] https://publicadministration.desa.un.org/sites/default/files/2021-04/2025/Rev1/WSIS%2B20_Rev1_071125_clean.pdf
[3] https://unctad.org/meeting/commission-science-and-technology-development-2025-2026-inter-sessional-panel
[4] https://unctad.org/osgstatement/un-commission-science-and-technology-development-inter-sessional-panel
[5] https://unctad.org/system/files/non-official-document/cstd2025-26_isp_wgdgprogress_s01_vicechair_en.pdf
[6] https://unctad.org/meeting/fourth-meeting-un-cstd-multi-stakeholder-working-group-data-governance-all-levels
[7] https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/news/simpler-eu-digital-rules-and-new-digital-wallets-save-billions-businesses-and-boost-innovation
[8] https://netzpolitik.org/2025/digitaler-omnibus-groesster-rueckschritt-fuer-digitale-grundrechte-in-der-geschichte-der-eu/
[9] https://www.fmprc.gov.cn/eng/xw/zyxw/202511/t20251101_11745430.html
[10] https://markets.financialcontent.com/wral/article/tokenring-2025-11-1-china-unveils-ambitious-bid-for-global-ai-governance-with-proposed-world-ai-cooperation-organization
[11] https://www.apec.org/meeting-papers/leaders-declarations/2025/2025-apec-leaders--gyeongju-declaration
[13] https://www.linkedin.com/posts/henna-virkkunen_a-full-and-inspiring-day-in-lisbon-at-web-activity-7394102168603103232-V2Wf/
[14] https://websummit.com/attendees/lis25/26e42309-756a-41b8-a2a4-08460a368dc8/karsten-wildberger/
[15] https://bmds.bund.de/aktuelles/aktuelle-meldungen/detail/minister-wildberger-beim-web-summit
[16] https://cdn.table.media/assets/europe/declaration-for-european-digital-sovereignty_final.pdf
[17] https://reachingcriticalwill.org/images/documents/Disarmament-fora/1com/1com25/resolutions/L20.pdf
[18] https://reachingcriticalwill.org/images/documents/Disarmament-fora/1com/1com25/resolutions/L41_corrected.pdf
[19] https://reachingcriticalwill.org/images/documents/Disarmament-fora/1com/1com25/resolutions/L46.pdf
[20] https://g20.org/wp-content/uploads/2025/11/V2-22-November-Final-G20-South-Africa-Summit-22-23-November-.pdf
[21] https://www.itu.int/en/mediacentre/Pages/PR-2025-11-28-WTDC-closing.aspx