Entwicklungen im Internet Governance Umfeld im November 2023
Regulierung im Digitalen Raum und Cybersicherheit
Am 7. November 2023 hat die UNESCO-Richtlinien für eine Regulierung von Internet-Plattformen veröffentlicht. Die „Guidelines for the governance of digital platforms“ fordern von Unternehmen wie Meta, Google und TikTok mehr Transparenz, Maßnahmen gegen Hassrede und Desinformation sowie Beachtung der Menschenrechte. Sie sollen kritisches Denken stärken und zur Bildung unabhängiger Aufsichtsbehörden führen. Ob die Prinzipien zu einer globalen UNESCO-Empfehlung führen, ist unklar. Inhaltlich bleiben sie hinter den EU DSA/DMA zurück.
Die Diskussion zur Regulierung von künstlicher Intelligenz hat im November 2023 weiter an Fahrt gewonnen. Am 1. November vereinbarten mehr als 30 Regierungen, darunter die USA, China und die EU, in der „Bletchley Declaration“sich für eine globales Herangehen an eine KI-Regulierung einzusetzen. Der Londoner KI-Gipfel findet 2024 in Korea seine Fortsetzung und soll dann jährlich stattfinden. Am 18. November haben Deutschland, Italien und Frankreich ein Papier zu KI-Regulierung vorrgelegt, um den ins Stocken geratenen EU-Trilog zum “AI-Act“ voranzubringen. Demnach soll primär nicht die Technologie, sondern deren Anwendung reguliert werden.[3] Am 24. November forderte in Moskau Präsident Putin bei einer von der Sberbank organisierten KI-Konferenz, Russland zu einer führenden KI-Nation zu entwickeln. Für KI sollte es keine Verbote geben. Man dürfe dem „Westen“ keine Monopolstellung erlauben. [Further information] Am 29. November kündigte die ITU den nächsten KI-Weltgipfel für den 30. und 31. Mai 2024 in Genf an.
Am 17. November 2023 verabschiedeten die 21 APEC-Mitglieder, darunter China und Russland, in San Francisco eine „Golden Gate Declaration“, in der sie sich für ein „enabling, inclusive, open, fair and non-discriminatory digital ecosystem for business and consumers“ einsetzen. Im Rahmen einer „APEC Internet and Digital Economy Roadmap (AIDER)“ sollen koordinierte Themen wie „data privacy, cloud computing, telecommunications networks, interoperability, ICT security, digital trade, e-commerce, emerging technologies and governance for digital technology“ besprochen werden. Am Rande des Treffens hatten sich die Präsidenten von China und den USA, Xi und Biden, getroffen und u.a. eine bilaterale Kooperation zu künstlicher Intelligenz verabredet.
Am 29 und 30. November 2023 wurde in Ghana bei der ersten Weltkonferenz des in Den Haag ansässigen „Global Forum on Cyber Expertise“ (GFCE) der „Accra Call“angenommen, der auf die Stärkung von Cybersicherheit vor allem in Entwicklungsländern zielt. Die 2. Konferenz zu „Cyber Capacity Building“ ist für 2026 geplant. [Further information]
Startschuss für WSIS+20
Am 8. und 9. November 2023 gab die UN Commission on Science and Technology Development (UNCSTD) in Lissabon bei ihrem „Intersessional Panel“ den Startschuss zur Vorbereitung der für 2025 geplanten Überprüfungskonferenz des UN-Weltgipfels zur Informationsgesellschaft (WSIS+20). Diskutiert wurde, wie der „Global Digital Compact“ (GDC) eingebunden werden kann in die Vorbereitung von WSIS+20. Das IGF, dessen Mandat 2025 ausläuft, sollte mit der Umsetzung des GDC beauftragt werden. Langfristig sollten die 16 Aktionslinien des WSIS-Prozesses und die 16 nachhaltigen Entwicklungsziele der UNO (SDGs) miteinander verbunden werden und für die Periode 2030 – 2045 in sogenannten „Comprehensive Development Goals“ (CDGs) zusammenfließen. Parallel haben unter Leitung von Deutschland und Namibia Konsultationen zu dem für September 2024 geplanten UN-Zukunftsgipfel begonnen, in dessen Rahmen der GDC verabschiedet werden soll.
Stakeholder Meetings
Am 8. und 9. November 2023 fand in Wuzhen die zehnte „World Internet Conference“ (WIC) statt. Die 2014 nach den Snowden-Enthüllungen mit großen politischen Ambitionen und einer Internet-Grundsatzrede von Präsidenten Xi Jinping gestartete Konferenz hat nach Corona erheblich an politischer Bedeutung verloren. Herausragende internationale Internetexperten fehlten auf der Rednerliste. Die WIC 2023 war vor allem eine „Tradeshow“ für chinesische Internetunternehmen. WIC wird von der „Cyber Administration of China“(CAC) organisiert und untersteht direkt Präsident Xi. Im Sommer 2022 hatte sich WIC als eine NGO institutionalisiert. Ob der ehemals von Jack Ma und Fadi Chehadé geleitete „World Advisory Council“ (WAC) noch eine Rolle spielt, ist unklar. [Further information]
Der Lissaboner „Web Summit“ hat vom 11. bis 14. November wieder mehr als 70.000 Teilnehmer angezogen. Unter der neuen Leitung von Katherine Maher ist der Gipfel aber mehr zu einer „Roadshow“ für Startups geworden. Nahmen früher mehre EU-Kommissare an dem Gipfel teil, fehlte diesmal politische Prominenz.
Digitale Spaltung
Die ITU hat am 28. November 2023 in ihrem Jahresbericht „Facts and Figures“ das langsame Tempo bei der Überwindung der digitalen Spaltung beklagt. 2,6 Milliarden, d.h. ein Drittel der Menschheit, sei noch offline. Große Disparitäten gäbe es bei der Breitbandversorgung. Die „Bildungslücke“ führe dazu, dass dort, wo Menschen Zugang zum Internet haben, häufig das Potential für digitale Dienstleistungen nicht ausgeschöpft wird.