Entwicklungen im Internet Governance Umfeld Oktober bis Dezember2018:
Das 4. Quartal 2018 war ein entscheidender Zeitabschnitt für die weitere Entwicklung von Internet Governance. Es gab eine Fülle von hochrangigen internationalen Konferenzen, auf denen alle Themen der globalen Internet Governance diskutiert und Weichen für die Zukunft gestellt wurden. Dabei verfestigte sich die Tendenz, Internet Governance nicht mehr als eine vorrangig technische, sondern als eine primär politische, wirtschaftliche, kurz gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu sehen. Das wurde insbesondere bei der 73. UN-Vollversammlung (Oktober - Dezember 2018) deutlich, aber auch bei Treffen im Rahmen der G20, G7, BRICS, NATO und anderen zwischenstaatlichen Gremien. Gewachsen ist dieses Bewusstsein auch bei der privaten Wirtschaft, wie Microsofts Initiativen „Tech Accord“ und „Digital Peace Campaign“, Siemens „Charter of Trust“ oder Tim Berners-Lee „Contract for the Web“ zeigen.
Der vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron initiierte „Paris Call for Trust and Security in Cyberspace“ vom November 2018, der mittlerweile von mehr als 100 Regierungen und fast 1.000 nicht-staatlichen Akteuren signiert wurde, symbolisiert in gewisser Weise diese „Trendwende“ auf höchster Ebene und hat das Potenzial, zum Startpunkt eines neuen, weit in die 2020er Jahre hineinreichenden Entwicklungsabschnitts des globalen Internet Governance Ecosystems zu werden.
Die veränderte Sichtweise auf die neue Komplexität von Internet Governance hat weitreichende politische Konsequenzen. Das zeigt sich insbesondere daran, dass die Auffassung, der Cyberspace benötige nicht nur Freiheiten, sondern auch stabile politisch-rechtliche Rahmenbedingungen, mehr und mehr an Boden gewinnt.
Die Internet Governance Diskussion der 1990er und 2000er Jahren führte 2005 zur „Tunis Agenda“ des UN-Weltgipfels zur Informationsgesellschaft (WSIS). Der dort verankerte globale Konsensus war, zwischenstaatliche Regulierung von Internet-relevanten Themen auf ein Minimum zu begrenzen und dafür eine Multistakeholder-Diskussion (z.B. im Rahmen des IGF) zu fördern, die dann in eine Art Selbst-Regulierung durch die privaten Akteure mündet. Vint Cerfs Argument: „If it isn´t broken, don´t fix it“, fand allgemein Zustimmung. Das pure Festhalten an dieser Grundeinstellung wird jedoch angesichts wachsender Komplexität der Materie zunehmend kritisch hinterfragt. Ein flexibles System benötigt, wenn es sich nachhaltig entwickeln will, auch stabilisierende Komponenten.
Die „Tunis-Agenda“, ergänzt um die NetMundial Declaration (2014), gilt nach wie vor als wichtigste politische Orientierung für das Verhalten von staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren im Cyberspace, nicht zuletzt, weil die WSIS-Beschlüsse von 2005 viele positive Entwicklungen ermöglicht haben: Freiräume für Innovation und Kreativität wurden geschaffen. Vier Milliarden Internetnutzer sind jetzt Online. Wirtschaftliches Wachstum, neue Jobs und partizipative Cyberdemokratie haben die Welt reicher gemacht. Die Tunis- Agenda wird insofern weder schlecht geredet noch in Frage gestellt. Stellt man sie aber in einen historischen Kontext, dann sieht man heute deutlicher, dass die WSIS-Beschlüsse von 2005 lediglich einen ersten Schritt zur Ordnung des Cyberspace im 21. Jahrhundert darstellten, der angesichts der neuen Internet Governance Komplexität in den 2020er Jahren nun einer Ergänzung bedarf.
Vor dem Hintergrund, der seit den frühen 2000er Jahren stattgefundenen Entwicklungen des Internet – soziale Netzwerke, Big Data, Internet der Dinge (IOT), künstliche Intelligenz (KI/AI) etc. – offenbaren sich zunehmend Grenzen, Schwachstellen und Widersprüchlichkeiten der bestehenden globalen Internet Governance Arrangements, die zu einem anwachsenden Missbrauch jener Freiheiten und Rechte im Internet führen, die WSIS garantiert und ermöglicht hat.
Der Cyberspace ist zu einem Raum der militärischen Auseinandersetzung zwischen Großmächten geworden. Die Entwicklung neuer autonomer und Internet-basierter Waffensysteme sowie staatlich gesponserte Cyberattacken haben das Potenzial einer ernsthaften Bedrohung des Friedens und der internationalen Stabilität. Die organisierte Cyberkriminalität ist explodiert. Die Plattform-Ökonomie hat neue wirtschaftliche Monopole entstehen lassen, mit erheblichen politischen Implikationen für das Funktionieren demokratischer Gesellschaften. Individuelle Menschenrechte werden durch Massenüberwachung, Zensur, Fake News und Hate Speech bedroht. Das Internet ist nicht „broken“, aber einige Elemente „bröckeln“ und müssen offensichtlich nachgebessert werden.
Insofern überrascht es nicht, dass Ende der 2010er Jahre der Ruf nach einem „New Deal“ für eine globale Internet Governance lauter wird. Die Ideen für einen „New Internet Governance Deal“ sind jedoch im Moment sehr vage, werden kontrovers diskutiert und sind noch lange nicht im Stadium eines konkreten Verhandlungspakets. Initiativen wie der „Paris Call“, der „Tech Accord“, das „Singapore Norm Package“ oder der „Contract for the Web“ sind jedoch signifikante Signale, dass der Zeitpunkt für ein neues Herangehen an globale Internet-Politik heranreift.
Dabei zeichnen sich durchaus bereits jetzt die Konturen eines solchen „New Deals“ für Internet Governance ab: Im Kern wird es darum gehen, das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit im Internet zu stärken. Rechtsstaatlichkeit (rule of law) meint dabei einerseits besseren Schutz von politischen und wirtschaftlichen Rechten und Freiheiten, wie sie im existierenden Völkerrecht kodifiziert sind, und andererseits bessere Abwehr von Missbräuchen dieser Freiheiten mit Hilfe von nationaler und internationaler Regulierung, die nicht nur von Regierungen, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren zu entwickeln, umzusetzen und zu kontrollieren sind.
Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach in seiner Rede vor dem IGF in Paris am 12. November 2018 von einem „innovativen Multilateralismus“, der nicht-staatliche Akteure in den Prozess der Aushandlung von globalen Regelungen adäquat einbezieht. Macron setzte dem Modell eines staatlich regulierten Internet („China“) und einem ausschließlich durch den freien Mark regulierten Internet („California“) das europäische Modell eines auf Rechtsstaatlichkeit basierenden Internet entgegen, in dem sowohl individuelle Rechte und Freiheiten, als auch die wirtschaftliche Wettbewerbs- und Innovationsfreiheit durch Pflichten und Verantwortlichkeiten aller beteiligten Akteure geschützt sind.
Das man „autoritären“ und „libertären“ Auswüchsen der globalen Internetentwicklung etwas entgegensetzen müsse, forderte auch der deutsche Außenminister Heiko Maas auf der Jahrestagung der Freedom Online Coalition (FOC) am 29. November 2018 in Berlin.
Die Aushandlung eines „New Internet Governance Deal“ auf globaler Ebene, der auf der Tunis Agenda von 2005 aufsetzt, aber darüber hinausgeht, wird viel Zeit und noch viel mehr konstruktiven politischen Willen aller beteiligten Stakeholder benötigen, der im Moment allerdings wenig ausgeprägt ist. Das zeigen nicht zuletzt die politischen Internet Governance Diskussionen im 4. Quartal 2018, die ein sehr widersprüchliches Bild gezeichnet haben.
Auf der einen Seite steht der Ruf – wie in Macrons Rede – nach einem neuen innovativen Multilateralismus für Internet Governance, nach „Regenbogenkoalitionen der Willigen“, zur Stärkung von Vertrauen, Sicherheit und Freiheit im Cyberspace. Auf der anderen Seite wachsen Bestrebungen, Internet-Probleme primär unilateral und mittels nationaler Gesetzgebung in den Griff zu bekommen. Bei dieser unilateralen Herangehensweise werden die möglichen negativen Effekte für das globale Internet Governance Ecosystem entweder ignoriert, oder billigend in Kauf genommen.
Den Neo-Nationalismus bei Internet Governance praktizieren vor allem die Regierungen von Internet-Großmächten wie USA (die den „Paris Call“ nicht unterzeichnet haben), China (die mit der Wuzhen-Konferenz und der „Digitalen Seidenstraße“ eine ausschließlich an nationalen Interessen orientierte expansive Internet-Strategie umsetzen) und Russland (das im Dezember 2018 neue Gesetze für ein russisches Domain Name System verabschiedet hat). Die Stichworte sind „My Country First“, „Cyber sovereignty“ und „national Internet Segment“. Aber auch andere Regierungen, die Mitglieder der G20 oder der Europäischen Union sind, wie Türkei, Iran, Saudi-Arabien, Polen, Ungarn und Rumänien verfolgen, unabhängig von globalen Entwicklungen und Verpflichtungen, eine neo-nationalistische Internetpolitik. Diese Entwicklungen haben die Autoren des im November 2018 erschienenen Jahresberichts von „Freedom House“ dazu bewogen, ihrer Publikation den Titel „The Rise of Digital Authoritarianism“ zu geben.
Ende des Jahres 2018 ist es schwierig Prognosen abzugeben, wie dieser neue globale Konflikt zwischen einem „innovativen Multilateralismus“ und dem „neo-nationalistischen Unilateralismus“ im Cyberspace ausgeht. Offensichtlich aber stehen wir am Vorabend einer neuen Phase der globalen Internetentwicklung. Der „Zeitgeist“ hat sich geändert.
Die herausragendsten Ereignisse in der globalen Internet Governance Debatte im 4. Quartal 2018 waren:
- Das 13. Internet Governance Forum (IGF) mit den Reden des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und des UN-Generalsekretärs António Guterres sowie die Verabschiedung des „Paris Call on Trust and Security in Cyberspace“ am 11. November 2018 in Paris;
- Die 73. UN-Vollversammlung im Dezember 2018 in New York, die insgesamt sechs für die Internetpolitik relevante Resolutionen verabschiedete, mit denen u.a. zwei neue UN-Arbeitsgruppen zum Thema Cybersicherheit gegründet wurden;
- Die G7 Multistakeholder-Konferenz zur künstlichen Intelligenz am 6. Dezember 2018 in Montreal, auf der Studien zu vier Einzelthemen vorgelegt wurden, die 2019 unter der französischen G7-Präsidentschaft weiterentwickelt werden sollen;
- Die ITU-Generalversammlung, die am 14. November 2018 in Dubai ein umfangreiches Schlussdokument im Konsensus verabschiedet hat;
- Die 5. Welt-Internet-Konferenz (WIC) der chinesischen Regierung Anfang November 2018 in Wuzhen bei der ein „Welt Internet Entwicklungsbericht“ veröffentlicht wurde;
- Die Jahrestagung der Freedom Online Coalition Ende November 2018 in Berlin mit einer Rede des deutschen Außenministers Heiko Maas.
Auf zwischenstaatlicher Ebene sind im 4. Quartal 2018 die folgenden wichtigen Aktivitäten herauszuheben:
- Die 73. UN-Vollversammlung nahm im Dezember 2018 insgesamt sechs Internet relevante Resolutionen an: Zwei Resolutionen zu Cybersicherheit und je eine zum WSIS Follow-Up, zu Internet und nachhaltige Entwicklungsziele (SDGs), zum „Right to Privacy in the Digital Age“ und zum Thema Cyberkriminalität;
- Das G20-Gipfeltreffen Ende November 2018 in Buenos Aires bekräftigte die „G20 Roadmap for Digitalization“, ohne jedoch neue weiterreichende Verabredungen zu treffen. Japan, das den G20-Vorsitz 2019 übernimmt, hat aber bereits angekündigt, die 2016 in Hangzhou beschlossene und 2017 in Düsseldorf/Hamburg ergänzte Roadmap mit neuen Vorschlägen ausbauen zu wollen;
- Die G7 Multistakeholder-Konferenz zur künstlichen Intelligenz im Dezember 2018 in Montreal produzierte eine Reihe von Empfehlungen für die weitere politische Diskussion. Gegründet wurde auf der Basis einer kanadisch-französischen Initiative eine G7-AI-Expertengruppe. Frankreich übernimmt 2019 die G7-Präsidentschaft und hat das Thema künstliche Intelligenz als ein Schwerpunktthema seiner Präsidentschaft benannt.
- Die alle vier Jahre stattfindende ITU-Generalversammlung endete am 15. November 2018 in Dubai mit einem Konsensus über ein umfangreiches Schlussdokument, das eine Reihe von Resolutionen enthält, die für das Internet relevant sind. Eine erwartete politische Konfrontation blieb jedoch aus, da sich das Schlussdokument im Rahmen des bestehenden ITU-Mandats bewegt. Vorschläge einiger ITU-Mitgliedsstaaten, dieses Mandat in der ITU-Verfassung um Zuständigkeitsbereiche wie Cybersicherheit, künstliche Intelligenz und Internet Governance zu erweitern, fanden keine Mehrheit. Auch das Wideraufleben des Konflikts mit ICANN blieb aus. Zum ersten Mal in der Geschichte der ITU-Vollversammlungen sprach ein CEO von ICANN – Göran Marby – bei der offiziellen Eröffnung.
- Im Rahmen der BRICS sinkt offensichtlich die Bereitschaft, Internet relevante Projekte gemeinschaftlich zu entwickeln und auf der internationalen Bühne gemeinsam politisch zu pushen. Auch bei den BRICS dominiert der Neo-Nationalismus. China verfolgt ohne große Konsultationen mit den anderen BRICS-Staaten seine miteinander verbundenen Großprojekte „Welt-Internet-Konferenz“ und „Digitale Seidenstraße“. Russland ergänzt seine nationale Gesetzgebung für das, was als „russisches Internet Segment“ bezeichnet wird. Indiens „Digital India“ ist gleichfalls primär auf die nationale und weniger auf die internationale Bühne ausgerichtet. Südafrikas Präsident Ramaphosa ist zwar Ko-Vorsitzender der ILO „Global Commission on the Future of Work“, auf anderen Gebieten der Internet-Politik aber ist Südafrika eher passiv. Es bleibt abzuwarten, inwiefern der neue brasilianische Präsident Jair Bolsonaro die BRICS-Präsidentschaft seines Landes im Jahr 2019 benutzt, um eine politische Internet-Initiative zu starten.
- Die NATO-Verteidigungsminister haben bei ihrem Treffen im Oktober 2018 in Brüssel, die vom NATO-Gipfeltreffen im Juni 2018 beschlossene Cyberstrategie weiterentwickelt. Neben dem Ausbau des NATO „Cyber Operations Centre“ werden nun auch flexible „Counter Hybrid Support Teams“ aufgebaut.
- Die EU arbeitet weiter an der Entwicklung ihres einheitliche Digitalmarktes (Single Digital Market/SDM). Diskutiert wurden Direktiven zur Bekämpfung von Fake News, zu ePrivacy und zur Besteuerung von internationalen Internet-Unternehmen. Eine Strategie zum Thema künstliche Intelligenz befindet sich im Stadium der Ausarbeitung.
- Die „Global Commission on the Future of Work“ hat ihre Arbeit weitgehend beendet und wird im Januar 2019 ihren Schlussbericht vorstellen, der im Sommer 2019 im Zentrum der Feierlichkeiten zum 100. Jahrestag der ILO stehen soll.
- Die OECD Working Party on Security and Privacy in the Digital Economy diskutierte am 13. und 14. November 2018 in Paris eine überarbeitete Fassung der 2008 verabschiedeten „OECD Empfehlung zum Schutz kritischer Informations-Infrastrukturen“. Der neue Entwurf soll im 1. Halbjahr 2019 vom OECD Committee on Digital Economy weiter diskutiert und im September 2019 dem OECD Council zur Beschlussfassung vorgelegt werden.
Auf der Multistakeholder-Ebene sind im 4. Quartal 2018 folgende wichtige Aktivitäten herauszuheben:
- Auf dem politischen Gipfeltreffen zum 100. Jahrestag der Beendigung des 1. Weltkrieges, dem „Paris Peace Forum“, wurde am 11. November 2018 – initiiert vom französischen Präsident Emmanuel Macron – ein „Paris Call on Trust and Security in Cyberspace“ veröffentlicht, der binnen weniger Tage von mehr als 100 Regierungen und knapp 1.000 nicht-staatlichen Akteuren signiert wurde.
- Das 13. Internet Governance Forum vom 12. - 14. November 2018 in Paris sah nicht nur die Reden von Präsident Emmanuel Macron und UN-Generalsekretär António Guterres vor, sondern auch neue Formen des „IGF-Outputs“. Neben dem traditionellen Abschlussbericht der Vorsitzenden der Multistakeholder Advisory Group (MAG) setzte des Pariser IGF die beim 12. IGF im Dezember 2017 in Genf eingeführte Praxis der Verabschiedung von „IGF-Messages“ fort;
- Auf der Jahrestagung der Freedom Online Coalition Ende November 2018 in Berlin hielt der deutsche Außenminister Heiko Maas eine Grundsatzrede, die wesentliche Elemente der Pariser IGF-Rede des französischen Präsidenten Macron spiegelte.
Auf der nicht-staatlichen Ebene sind im 4. Quartal folgende wichtige Aktivitäten herauszuheben:
- Microsoft hat nach dem „Tech Accord“ eine „Digital Peace Campaign“ gestartet, die bis Anfang Dezember 2018 mehr als 100.000 Signaturen erhielt;
- Die Münchner Sicherheitskonferenz veranstaltete am 6. Dezember 2018 in Doha ein Rundtischgespräch zur Rolle von Normen zur Stärkung globaler Cybersicherheit;
- Die Global Commission on Stability on Cyberspace veranstalte eine öffentliche Anhörung zu dem „Singapore Norm Package“ im Rahmen des 13. IGF in Paris am 13. November 2018;
- Auf dem Web-Summit am 5. November 2018 in Lissabon präsentierte der Erfinder des World Wide Web, Sir Tim Berners-Lee, eine neue Fassung seines Projektes „Contract for the Web“.
- Freedom House veröffentlichte im November 2018 seinen Jahresbericht zur Internet-Freiheit unter dem Titel “The Rise of Digital Authoritarianism“
"Ich bin der Meinung, dass das Internet in der Form, wie wir es aktuell als selbstverständlich betrachten, gefährdet ist. … Im Namen der Freiheit haben wir so vielen Feinden der Freiheit erlaubt, sich ganz offen zu zeigen. Wir haben ihnen gestattet in all unsere Systeme vorzudringen und haben damit den Eindruck vermittelt, sie hätten die gleichen Rechte wie die anderen, während sie mit Füßen getreten haben, was uns zusammengebracht hat und was es dem Internet ermöglicht hat, sich zu entfalten. … Ich bin der festen Überzeugung, dass Regulierung eine unabdingbare Notwendigkeit ist. Es ist die Voraussetzung für ein erfolgreiches freies, offenes und sicheres Internet, wie es die Vision der Gründungsväter war. … Wenn wir das Internet nicht regulieren, laufen wir Gefahr, dass die Grundfesten der Demokratie erschüttert werden. … Das ist auch der Grund, warum ich der Überzeugung bin, dass wir von den falschen Möglichkeiten, die sich uns aktuell bieten und die nur zwei Modelle zulassen würden, wegkommen müssen. Mit diesen Modellen gäbe es lediglich entweder die komplette Selbstverwaltung ohne jegliche Steuerung oder das segmentierte Internet, das vollständig von starken, autoritären Staaten überwacht wird. … Deshalb müssen wir – mit Hilfe von Regulierung – diesen neuen Weg schaffen, bei dem Regierungen gemeinsam mit den Playern im Internet, den Zivilgesellschaften und allen Akteuren in angemessener Weise steuernd eingreifen können. Wir müssen neue, innovative Formen der multilateralen Kooperation erfinden, bei der nicht nur Staaten, sondern alle Interessensgruppen, die Sie verkörpern, repräsentiert sind."
Emmanuel Macron, Staatspräsident von Frankreich, IGF Paris, 12. November 2018