USA setzt Fokus auf digitale Solidarität
Am 6. Mai 2024 präsentierte das amerikanische Außenministerium eine „International Cyberspace and Digital Policy Strategy“. Das Papier basiert auf der „National Cybersecurity Strategy“ vom 1. März 2023. Die von US-Außenminister Blinken vorgestellte Strategie stellt das Prinzip der „Digital Solidarity“ in den Mittelpunkt. Dabei geht es um Partnerschaften mit gleichgesinnten Ländern und Stakeholdern. Drei „guiding principles“ (Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und nachhaltige Entwicklung) sollen als Grundlage für vier Aktionsfelder gelten. „1. Promote, build, and maintain an open, inclusive, secure, and resilient digital ecosystem; 2. Align rights-respecting approaches to digital and data governance with international partners; 3. Advance responsible state behavior in cyberspace, and counter threats to cyberspace and critical infrastructure by building coalitions and engaging partners; and 4. Strengthen and build international partner digital and cyber capacity, including capacity to combat cybercrime.“ Am 12. Mai 2024 veröffentlichte das Weiße Haus einen zweiten Umsetzungsplan für die nationale Cybersicherheitsstrategie. Dieser Plan enthält über 100 Einzelaufgaben für staatliche Behörden und zielt auf enge Zusammenarbeit mit dem privaten Sektor, der technischen Community und der Zivilgesellschaft ab.
Regeln für KI und deren Verwendung – Die Diskussion geht weiter
Die Diskussion zu künstlicher Intelligenz ging im Mai 2024 mit unverminderter Dynamik weiter:
Am 21. und 22. Mai 2024 fand in Seoul die Fortsetzung des vom britischen Premierminister Sunak im Londoner Bletchley Park im November 2023 organisierten KI-Gipfels statt. Der „Mini-KI-Gipfel“ wurde von den Regierungschefs von Großbritannien und Korea moderiert. Diskutiert wurde ein “Scientific Report on the Safety of Advanced AI” einer unabhängigen Expertengruppe, der erstmals eine detaillierte Bewertung zu möglichen Gefahren durch die neue Technologie vornimmt. In der von 25 Regierungen unterzeichneten „Seoul Declaration for safe, innovative and inclusive AI“ werden zu den in der „Bletchley Declaration“ genannten Sicherheitsprinzipien Innovation und Inklusion als zwei weitere KI-Kernprinzipien hinzugefügt. In einem „Seoul Statement of Intent“ vereinbarte man die Schaffung eines Netzes von KI-Sicherheitsinstituten (AI Safety Instituts). 16 weltweit führende Tech-Unternehmen aus den USA, China, der EU und UAE haben sich in „Frontier AI Safety Commitments“ verpflichtet, keine Hochrisiko-KI-Modelle zu entwickeln und einzusetzen. Transparente Strukturen sollen Verantwortung und Sicherheit stärken. 2025 findet der KI-Gipfel in Frankreich statt.
Am 8. und 9. Mai 2024 fanden in Genf unter hoher Geheimhaltung die ersten amerikanisch-chinesischen KI-Konsultationen statt. Die Gespräche waren zwischen den Präsidenten Biden und Xi im November 2023 in San Francisco vereinbart worden. Tagesordnung, Ergebnisse oder ein Termin für eine zweite Konsultationsrunde wurden nicht verlautbart.
Am 30. und 31 Mai 2024 veranstaltete die ITU in Genf ihren jährlichen „AI for Good Summit“. Präsentiert wurden Anwendungen für Bereiche wie Gesundheit, Verkehr und Bildung. An einer hochrangigen politischen Diskussionsrunde, u.a. mit Vizeministern aus China, USA, Japan, Korea, EU und Europarat wurde die Notwendigkeit betont, entstehende AI Governance-Mechanismen so zu gestalten, dass sie nationalen oder regionalen Bedürfnissen entsprechen, aber global kompatibel bleiben.
Am 17. Mai 2024 verabschiedete in Straßburg das Ministerkomitee des Europarates formell das „Rahmenübereinkommen über künstliche Intelligenz und Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“. Es ist der erste rechtsverbindliche internationale KI-Vertrag und ergänzt sowohl das EU AI Act als auch die US AI Executive Order. Er steht allen Staaten zum Beitritt offen.
UN präsentiert neuen Entwurf für Global Digital Compact
Am 15. Mai 2024 veröffentlichte die UN einen revidierten Entwurf für den „Global Digital Compact“. Er berücksichtigt Kritiken und setzt jetzt mehr auf existierende Strukturen und weniger auf neue Institutionen. Das betrifft z.B. eine Stärkung des IGF bei der späteren Umsetzung des GDC. Der Entwurf enthält nach wie vor keine konzeptionellen Ideen für die praktische Ausgestaltung des Multistakeholdermodells. Unklar bleibt das Verhältnis zwischen UN-Strukturen in Genf (IGF-Sekretariat) und New York (UN TechEnvoy und UNDESA). Verabschiedet werden soll der GDC im September 2024 in New York im Rahmen des UN-Zukunftsgipfels.
ITU-WSIS-Forum mit hochkarätiger Beteiligung
Am jährlichen WSIS-Forum der ITU vom 26. – 31. Mai 2024 in Genf beteiligten sich knapp 10.000 Experten offline und online, darunter 45 Minister. Das Forum diskutierte in mehr als 200 Sessions nahezu alle Internet Governance-Themen. Im Unterschied zum IGF wird das Programm von den entsprechenden UN-Organisationen geplant und lässt wenig Raum für offene und kontroverse Diskussionen. Das rund 100 Seiten umfassende „Output Document“ empfiehlt u.a. der 2025 anstehenden WSIS-Überprüfungskonferenz (WSIS+20), bestehende Strukturen wie das IGF zu stärken sowie die WSIS Action Lines stärker mit den nachhaltigen Entwicklungszielen der UN (SDGs) zu verbinden (WSIS Plus).
OEWG diskutiert über digitale Technologien und globale Sicherheit
Am 10. und 11. Mai 2024 fand in New York eine informelle Sitzung der OEWG in Form eines „Global Roundtable on Information and Communications Technologies Security Capacity-Building”statt. Dies bot nicht-staatlichen Stakeholdern, die nach wie vor nur begrenzten Zugang zu den formellen OEWG-Sitzungen haben, sich zu artikulieren. UN-Generalsekretär Guterres sagte: “More than ever, global security depends on the security of digital technology. We need to ensure that States fully implement the agreed norms of responsible behaviour in their use of digital technology. This is the only way to protect not only people, but the infrastructure they depend on. And we need to support developing countries to increase their digital security capacity.“ Die nächste formelle OEWG-Sitzung zu Cybersicherheit findet im Juli 2024 in New York statt.
G20 Working Group fordert globale Regulierung von sozialen Netzwerken
Auf einer Sitzung der G20 Working Group on Digital Economy am 1. Mai 2024 in São Paulo setzte sich Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa, die auch Ko-Vorsitzende des IGF-Leadership Panel ist, für eine globale Regulierung von sozialen Netzwerken ein. „The absence of regulation on social media platforms paves the way for a substantial surge in hate speech and the rampant spread of disinformation. We need regulation to ensure information integrity”.
Cybersecurity-Temperatur so hoch wie nie zuvor
Am 6. Mai 2024 veröffentliche der Tech Accord seinen jährlichen Befund über weltweite Cybersicherheit in Form des 2023 eingeführten „International Cybersecurity Thermometer“. Die „Cybersicherheitstemperatur“sei im letzten Jahr auf 101 Grad gestiegen, so hoch wie nie zuvor in der Geschichte.