WSIS+20 Roadmap
Am 21. Mai 2025 gab der Präsident der UN-Vollversammlung die „WSIS+20 Roadmap“ bekannt. Der von den beiden Ko-Facilitatoren aus Kenia und Albanien geleitete Prozess soll über mehrere zwischenstaatliche und Multistakeholder-Konsultationen in ein „Output Document“ münden, das auf einer hochrangigen Abschlusskonferenz im Rahmen der 80. UN-Vollversammlung am 16. und 17. Dezember 2025 in New York verabschiedet werden soll. Ein erstes „Elements Paper“ ist für den 20. Juni 2025 geplant. Ein „Zero Draft“ soll Ende August vorliegen. Im Oktober und November 2025 sind reale und virtuelle Konsultationen geplant. Der erste Entwurf des Abschlussdokument sollte mitte November vorliegen und noch einmal Gegenstand von Konsultationen sein, bevor der finale Entwurf von den Regierungen am 17. Dezember 2025 verabschiedet wird.[1] Bei WSIS+20 geht es auch um die Zukunft des Internet Governance Forums (IGF)
WSIS+20
WSIS+20 wird zunehmend diskutiert bei Konferenzen der technischen und akademischen Community sowie der Zivilgesellschaft. Am 21. Mai 2025 diskutierte IETF 125 in Bangkok die Rolle von IETF, ISOC und IAB im WSIS-Prozess[2]. Am 28. Mai 2025 fand ein CITI-Seminar der Columbia University in New York statt.[3] Die 9. GIG-ARTS Conference in Salerno (20. und 21. Mai 2025)[4] und ICANN (27. Mai 2025) befassten sich mit dem Thema.[5] Die EU veröffentlichte am 16. Mai ein Non-Paper zu WSIS.[6] Für Business-Konferenzen scheint aber WSIS+20 noch wenig interessant.
UNCSTD Working Group on Data Governance (WGDG)
Am 1. und 2. Mai 2025 fand in Genf die 1. Sitzung der vom GDC neu gegründeten UNCSTD Working Group on Data Governance (WGDG) statt. Der Gruppe gehören 48 Mitglieder aller Stakeholdergruppen an. Die WGDG hat vom GDC das Mandat bekommen bis 2026 Empfehlungen auszuarbeiten für „equitable and interoperable data governance arrangements, which may include fundamental principles of data governance at all levels as relevant for development“ und Vorschläge zu machen „to support interoperability between national, regional and international data systems“. Im Mittelpunkt standen zunächst prozedurale Fragen. Die USA schlugen vor, sich auf die Untersuchung nationaler Datenpolitiken zu beschränken und Bezüge zu den nachhalten Entwicklungszielen der UNO (SDGs) zu kappen, was von der Mehrheit der anderen Teilnehmer abgelehnt wurde.[7] Vorsitzender der WGDG ist der ungarische Diplomat Peter Major, der bereits Chair der UNCSTD Working Group on Enhanced Cooperation (WGEC) war. Die nächste Sitzung ist für den 3. und 4. Juli 2025 in Genf geplant. Sie ist öffentlich.
Internet-basierte autonome Waffensysteme (AWS)
Am 12. und 13. Mai 2025 fanden in New York informelle Multistakeholder Konsultationen zu internet-basierten autonomen Waffensystemen (AWS) statt.[8] Diskutiert wurde Fortschritte, die eine Expertengruppen (GGE LAWS), die seit knapp zehn Jahren das Thema verhandelt, gemacht hat, sowie Vorschläge von UN Generalsekretär Guterres und den Präsidenten des Internationalen Roten Kreuzes, bis 2026 einen völkerrechtlichen AWS-Vertrag auszuhandeln.[9] Demnach sollen AWS, die sich einer menschlichen Kontrolle entziehen, verboten werden. Andere AWS sollen geregelt und an die Genfer Konvention zum humanitären Völkerrecht gebunden werden. Die Konsultationen spiegelten die bisherigen Konflikte: Einige Regierungen (USA, China, Russland, Israel, Türke etc.) lehnen einen völkerrechtlichen Vertrag ab, die Mehrheit unterstützt ihn. Die Verhandlungen werden im Herbst sowohl in der GGE LAWS (Genf) als auch bei der 80. UN-Vollversammlung (New York) weitergeführt.
17. Europäisches IGF (EURODIG)
Vom 12.bis 14. Mai 2025 fand in Strasburg das 17. Europäische IGF (EURODIG) unter dem Titel. “Safeguarding human rights by balancing regulation and innovation” statt. Gastgeber war der Europarat, dessen Generalsekretär Alain Berset die Konferenz eröffnete. Mit rund 1000 Offline- und Online Teilnehmern wurde ein neuer Teilnahmerekord aufgestellt. Im Mittelpunkt standen künstliche Intelligenz, Desinformation, digitale Regulierung und die Vorbereitung von WSIS+20. Die „Messages von Strasburg“ gehen an das IGF der UNO (Oslo, Juni 2025).[10]
EU-Kommission zu Vorratsdatenspeicherung
Am 21. Mai 2025 hat die EU-Kommission eine neue Konsultation zur Vorratsdatenspeicherung gestartet, um Strafverfolgung innerhalb Europas zu verbessern und zu harmonisieren. Kommentare können bis zum 18. Juni 2025 abgegeben werden.[11] Kritiker befürchten einen neuen Anlauf der EU, die vom EUGH gezogenen Grenzen für die Sammlung von personenbezogenen Daten aufzuweichen.[12] Eine weitere Konsultation wurde am 23. Mai 2025 zur Nutzung von Daten in der KI und zu internationalen Datenströmen zur Entwicklung einer EU-Strategie für einer „Datenunion“ gestartet. Kommentare sind bis zum 18. Juli 2025 möglich. Die Kommission hat auch ihre internationalen digital Partnerschaften ausgeweitet. Die 3. Sitzung des Digital Partnership Council mit Japan fand am 12. Mai 2025 in Tokio statt zu „AI, 5G/6G, semiconductors, high performance computing and quantum technology“.[13] Beim 7. Dialog mit Südkorea ging es am 20. Mai 2025 in Seoul u.a. um die Zukunft der OEWG, die Counter Ransomware Initiative (CRI) und Cybercapacity Building.[14]
Gemeinsame Erklärung von China und Russland zur Stärkung des Völkerrechts
Am 9. Mai 2025 unterzeichneten die Präsidenten Chinas und Russlands, Xi Ji Ping und Wladimir Putin, in Moskau eine gemeinsame Erklärung zur Stärkung des Völkerrechts, die auch Artikel zu Internet Governance enthält. In Artikel 21 verpflichten sie sich „to promote an open, secure, stable, accessible, peaceful and interoperable Information and Communication Technologies (ICTs) environment“. Sie unterstützen die im Dezember 2024 verabschiedete UN-Konvention gegen Cyberkriminalität und setzen sich für die Ausarbeitung eines Zusatzprotokolls zur Kriminalisierung der Verbreitung rechtswidriger Inhalte im Internet ein. In Artikel 23 fordern beide Staaten künstliche Intelligenz nicht zu mißbrauchen für „manipulating public opinion, spreading disinformation, intervening in other countries’ internal affairs, social systems and social order, as well as jeopardizing the sovereignty of other States.“ KI müsse im Rahmen der UNO geregelt werden, und zwar „human-centric, reliable, explainable, ethical, inclusive, and based on applicable international law, in particular the UN-Charter“.[15]
BRICS-Handelsministertreffen
Die BRICS-Handelsminister haben sich am 21. Mai 2025 in Brasilia auf eine gemeinsame Strategie für eine „Data Economy Governance“ verständigt. In dem Dokument wird die Schlüsselrolle von Daten für Wirtschaftswachstum, Innovation und öffentliche Verwaltung anerkannt, der Mangel an statistischen Daten beklagt und die regulatorische Fragmentierung als ein Hindernis für eine bessere Integration der Entwicklungsländer in die globale digitale Wirtschaft bezeichnet. Gestärkt werden soll Datensouveränität bei gleichzeitiger Erleichterung eines effizienten und vertrauenswürdigen grenzüberschreitenden Datenflusses sowie die digitale öffentliche Infrastruktur (DPI).[16]
Neues Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung (BMDS)
Deutschland hat sich nach der Bundestagswahl digital neu aufgestellt. Am 7. Mai 2025 wurde mit Dr. Karsten Wildberger erstmalig ein Digitalminister, der aus der Wirtschaft kommt, berufen. Zu den sechs Schwerpunktthemen des neuen Ministeriums für Digitalisierung und Staatsmodernisierung (BMDS) gehört auch die „internationale Digitalpolitik“. In seiner ersten Rede im Bundestag am 16. Mai 2025 stellte Wildberger die „Binnendigitalisierung“ in den Mittelpunkt. Internationale Digitalpolitik spielte keine Rolle[17]. Am 23. Mai 2025 traf sich Wildberger mit der französischen Digitalministerin Clara Chappaz. Dabei ging es um die digitale Souveränität Europas.[18] Zum neuen Vorsitzenden des Digitalausschusses des Bundestages wurde am 15. Mai 2025 Hansjörg Durz (CDU/CSU) gewählt.[19]
CENTR zu neuen EU-Regelungen für ccTLDs
10. Am 19. Mai 2025 wandte sich CENTR, die Dachorganisation der europäischen ccTLDs, gegen neue EU-Regelungen zu Desinformation mit Verpflichtungen für ccTLD Registries: „The EU has an extensive legal framework that prescribes clear obligations on all digital services within the information ecosystem when it comes to responding to harmful content. There is no justification for creating a different set of standards for disinformation.“ Existierende Mechanismen seien ausreichend, um dem Problem Herr zu werden. Es sollte aber mehr unternommen werden, um digitale Fähigkeiten von Endnutzern zu verbessern.[20]
[1] https://www.un.org/pga/wp-content/uploads/sites/109/2025/05/Co-facs_Letter_WSIS20_1st_Prep_Meeting.pdf
[2] https://www.ietf.org/blog/technical-community-involvement-in-internet-governance/
[3] https://business.columbia.edu/citi/events/citi-seminars-global-digital-governance
[4] https://gig-arts.eu/salerno-2025/
[5] https://icann83.sched.com/event/23LLT/geopolitical-legislative-and-regulatory-developments-update
[6] https://www.eeas.europa.eu/delegations/un-new-york/eu-non-paper-world-summit-information-society-wsis20-stakeholder-participation_en?s=63
[7] https://www.un.org/sites/un2.un.org/files/sotf-pact_for_the_future_adopted.pdf
[8] https://reachingcriticalwill.org/images/documents/Disarmament-fora/aws/consultations/2025/reports/AWSR2.2.pdf
[9] https://www.icrc.org/en/document/joint-call-un-and-icrc-establish-prohibitions-and-restrictions-autonomous-weapons-systems
[10] https://eurodigwiki.org/wiki/Consolidated_programme_2025
[11] https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/14680-Impact-assessment-on-retention-of-data-by-service-providers-for-criminal-proceedings-_en
[12] https://www.heise.de/news/Offener-Brief-EU-Ermittler-wollen-Verschluesselung-umgehen-und-die-Mathematik-10196456.html
[13] https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/news/eu-and-japan-reinforce-tech-and-digital-partnership
[14] https://www.eeas.europa.eu/eeas/cyber-eu-and-republic-korea-hold-7th-cyber-dialogue-seoul_und_en
[15] https://www.fmprc.gov.cn/eng/xw/zyxw/202505/t20250509_11617838.html
[16] https://www.gov.br/mdic/pt-br/centrais-de-conteudo/publicacoes/brics/comercio/ingles/brics_tmm_package_of_outcomes_v21-05-25_final-version.pdf
[17] https://bmds.bund.de/aktuelles/reden/16052025-wildberger-rede-plenarsitzung-bundestag
[18] https://bmds.bund.de/aktuelles/aktuelle-meldungen/22052025-erstes-bilaterales-treffen-von-digitalminister-wildberger-mit-franzoesischer-amtskollegin-in-berlin
[19] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2025/kw21-pa-digitalisierung-konstituierung-1064142
[20] https://centr.org/images/centr_comment_on_euds_-_20250519.pdf