Entwicklungen im Internet Governance Umfeld im April 2024

Entwicklungen im Internet Governance Umfeld im April 2024

„Zero Draft“ des Global Digital Compact (GDC)

Am 1. April wurde der Zero Draft“ des Global Digital Compact (GDC) veröffentlicht. In den Konsultationen dazu wurde begrüßt, dass der GDC ein klares Bekenntnis zu Menschenrechten, nachhaltiger Entwicklung, zum IGF und dem Multistakeholder Approach für Internet Governance enthält. Kritisiert wurden Vorschläge für neue Prozesse und Institutionen wie ein Komitee für künstliche Intelligenz oder einen eigeständigen GDC-Review-Prozess. Die formellen GDC-Regierungsverhandlungen sollen bis Juni 2024 abgeschlossen sein. Angekündigt wurden weitere Konsultationen mit nicht-staatlichen Stakeholdern.

UN-Sicherheitsrat formuliert elf Grundsätze zu Cybersicherheit

Am 5. April fand in New York eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates zu Cybersicherheit statt. Es ging um neue Bedrohungen im Cyberspace durch Erpressungssoftware, Kryptowährungen sowie verdeckte staatlich gesponsorte Cyberattacken gegen kritische Infrastrukturen. US-Botschafterin Thomas-Greenfield sagte, die „Cyberwelt“ lasse sich nicht mehr länger von der „realen Welt“ trennen. Koreas Botschafter Hwang warnte „the more connected we are, the more vulnerable we become“. Japans Botschafter Kazuyuki sagte “international cooperation is not an option but an absolute necessity for all of us.” 60 Staaten gaben Statements ab. Unterstützt wurden die formulierten elf Grundsätze für ein verantwortungsbewusstes Verhalten von Staaten im Cyberspace (GGE 2015). Beschlüsse fasste die Tagung nicht.

Policy-Manifest und G7-Außenminister-Statement zu Cybersicherheit

Am 12. April veröffentlichte die „Charter of Trust“ ein Cybersecurity Policy Manifesto“. Es enthält neun Empfehlungen für Regierungen für eine sicherere digitale Welt. Mitglied der Charter sind 14 Großunternehmen, darunter Siemens, Microsoft, Allianz, Bosch, IBM, Infineon und die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC)

Das G7-Außenminister-Statement (17. April, Capri) enthält Kapitel zu Cybersicherheit und Desinformation. Staatliche Cyberangriffe, kriminelle Aktivitäten (Ramsonware) und Desinformationkampagnen (Foreign Information Manipulation and Interference/FIMI) unterhöhlen die internationale Stabilität. „While relying on the leadership of governments and international organizations, we recognize the importance of the multistakeholder model, with the invaluable contribution of the private sector in promoting technological development and of civil society in advancing a common understanding of threats and providing solutions to improve cybersecurity.“ Unterstützt werden die Budapest Konvention gegen Cyberkriminalität, der Tallin-Mechanismus zur Anwendung des Völkerrechts im Cyberspace, der GFCE Accra Call for Cyber Resilience sowie die von den USA initiierte UN-Resolution zur künstlichen Intelligenz (März 2024). GDC und WSIS+20 sollen beitragen „to protect an open, free, secure and inclusive Internet for future generations, governed through multi-stakeholder processes, and by protecting the ability for all to share information and communicate freely and securely, making sure the voices of younger generations, emerging economies and developing countries are properly heard."

Cybersicherheit in den BRICS-Staaten

Am 16. und 17. April tagte in Moskau die BRICS-Arbeitsgruppe zu Cybersicherheit. Gefordert wurde eine „open, secure, stable, accessible, and peaceful digital environment based on the principles of sovereign equality and non-interference in the internal affairs of states.“ Vereinbart wurde die Schaffung eines Mechanismus zum Austausch über Informationen bei Cyberangriffen. Russland forderte eine UN-Konvention für Cybersicherheit. Verstärkt werden soll der Austausch mit der technischen und akademischen Community.

Das Anti-TikTok Gesetz und dessen Konsequenzen

Der Besuch von US-Außenminister Blinken in China am 25. April hat die Kontroversen im Cyberbereich nicht entspannt. US-Präsident Biden unterzeichnete am 22. April das Anti-TikTok Gesetz. ByteDance, die chinesische Muttergesellschaft, muss den Dienst bis 29. Februar 2025 verkaufen. Im Gegenzug verbannte die Cyberspace Administration of China (CAC) die Meta-Dienste „WhatsApp“ und „Threads“ von Plattformen in China. Präsident Xi ordnete am 19. April die Schaffung einer neuen „Information Support Force“ der chinesischen Volksbefreiungsarmee (PLA) an, die sich speziell mit Informations- und Cyberoperationen beschäftigen soll. Keine Fortschritte gibt es bei den beim XI-Biden-Gipfel (San Francisco, November 2023) vereinbarten KI-Konsultationen.

Autonomous Weapons Systems

Am 29. April warnte Österreichs Außenminister Schallenberg auf einer Expertenkonferenz zu autonomen Waffensystemen in Wien davor, dass „in künftigen Konflikten Maschinen die Entscheidung über Leben und Tod treffen.“ Verhandlungen im Rahmen der GGE LAWS treten seit zehn Jahren auf der Stelle. Im Juni 2024 wird ein UN-Bericht dazu erwartet. UN-Generalsekretär Guterres fordert bis 2026 einen völkerrechtlichen Vertrag.

NetMundial+10 verabschiedet 13 Implementierungsrichtlinien

Rund 1000 Experten aus aller Welt und allen Stakeholdergruppen nahmen online und offline am 29 und 30 April in São Paulo an der NetMundial+10 Konferenz teil. Kernstück des per Akklamation verabschiedeten Multistakeholder Statements „Strengthening Internet Governance und Digital Policy Processes“ sind 13 Guidelines für das „Wie“ der Implementierung einer Multistakeholder-Zusammenarbeit auf der Basis der Tunis Agenda (2005) und der São Paulo-Prinzipienerklärung (2014). Diese „São Paulo Guidelines“ sollen zukünftig als Kriterien fungieren, an denen gemessen werden kann, wie „multistakeholder“ digitale Politikprozesse, darunter auch multilaterale Regierungsverhandlungen, tatsächlich sind. Gestärkt wird das IGF. Neue Prozesse seien nicht nötig. Verbessert werden soll die Koordination zwischen existierenden Institutionen.

Wolfgang Kleinwächter

Professor Emeritus of Internet Policy & Regulation at Aarhus University